1 Wasser- und Sumpfpflanzen
Steppenpflanzen
Die Betonie ist ein stattlicher Lippenblütler mit einer Wuchshöhe um 70cm. Sie ist gut an trockene Verhältnisse angepasst, kommt aber auch mit mäßiger Feuchtigkeit zurecht. Einst gehörte sie zum Blütenschmuck magerer Wiesen, doch sind diese aus unserer Landschaft verschwunden. Da sie aber auch andere Biotope zu besiedeln vermag, gibt es noch eine Reihe von Vorkommen: westlich Vockerode auf den Elbdämmen, bei Uthausen in einem Trockenrasen, bei Bergwitz in einer Heideflur und in Kiefernforsten, bei Coswig auf einer Waldlichtung, bei Gerbisbach in einem Eichenwald und bei Meuselko an einem Wiesenweg. Ein Vorkommen bei Premsendorf ist Deichbau-Arbeiten zum Opfer gefallen. Der Gesamt-Bestand beläuft sich auf mindestens 400 Exemplare, Tendenz leicht zunehmend, bei Bergwitz kräftig zunehmend. Als hochgeschätzte Heilpflanze war die Betonie einst in jedem Klostergarten zu finden. Heute wird sie nicht mehr in dieser Art genutzt, doch haben Untersuchungen der Inhaltsstoffe ergeben, dass tatsächlich von einer breitgefächerten Heilwirkung auszugehen ist. Die Aufnahme entstand bei Uthausen, auf einem Trockenrasen mit einer ganzen Fülle seltener Pflanzenarten. Auf privates Betreiben eines Försters war dieser Trockenrasen umgepflügt worden und aufgeforstet. Sämtliche Bäume sind eingegangen, die angestammte Trockenrasen-Vegetation hingegen hat sich, vermutlich durch im Boden verbliebene Samen, wieder eigefunden, inzwischen in alter Stärke. Ein seltener Glücksfall, in dem sich die Natur gegen Kultur durchzusetzen vermochte.
Echte Betonie, Heilziest (Betonica officinalis)
Gemeiner Wundklee (Anthyllis vulneraria)
Der Gemeine Wundklee ist ein auffallender Schmetterlingsblütler, der trockenen Hängen das Gepräge geben kann. Er wird bis zu 35cm hoch und bringt Massen an Blüten hervor. Haupt-Blütezeit ist Ende Mai, Nachzügler noch bis Anfang August. Anzutreffen ist er nur auf basenreichen, optimal kalkreichen Böden. Kommt es zu Versauerung, zählt er zu den ersten Pflanzen, die darauf reagieren und ausbleiben. Sehr empfindlich reagiert er auch auf Nährstoffanreicherung (Eutrophierung). In der Roten Liste ist er unter D verzeichnet. Das steht für defizitären Wissensstand und anzunehmende Gefährdung. Aktuell laufen Untersuchungen zu der Art, auch deren zahlreiche Unterarten betreffend. Die Pflanze ist extrem variabel. In Deutschland ist der Gemeine Wundklee vor allem im Süden und teilweise im Osten verbreitet. Im Nordwesten fehlt er weitgehend. Es gibt massive Bestandsrückgänge, extrem in Schleswig-Holstein. In der Region gab es fünf Vorkommen: im Fläming in der Ortslage von Reinsdorf, auf dem Apollensberg, auf dem Gallunberg und auf dem Salbeihügel. In der Dübener Heide im Gadewitzer Busch. Geblieben ist davon nur das Vorkommen auf dem Salbeihügel. Dort blüht alljährlich eine kleine Anzahl von Pflanzen, Bestandsentwicklung gleichbleibend. Ob das Vorkommen vom Gadewitzer Busch wirklich ganz verloschen ist, ist unklar. Ursache der Bestandsverluste ist die allgemeine Nährstoffanreicherung (Eutrophierung), ein großes Übel unserer Zeit. Der Gemeine Wundklee ist nicht in der Liste der Gartenpflanzen verzeichnet. Dennoch wird er von einigen Gärtnereien angeboten. Für normale Gartenböden ist er nicht geeignet, sie sind zu nährstoffreich. Auch auf prinzipiell geeigneten Böden ist er als schwierig zu bezeichnen.
Goldhaar-Aster (Galatella linosyris)
Eine Attraktion des beginnenden Herbstes: erst im September öffnen sich die goldgelben Blüten dieses Korbblütlers. Die Goldhaar-Aster ist eine Steppenpflanze, die in Deutschland fünf voneinander getrennte Vorkommens-Gebiete hat, eines davon im südlichen Sachsen-Anhalt. Sie schmückt karge, oft felsige Hänge und deren Säume. In der Region galt die Goldhaar-Aster als schon lange ausgestorben. Im September 2021 gelang unerwartet ein Neufund bei Uthausen. Der Westen und Nordwesten der Dübener Heide weist noch Anklänge zum Mitteldeutschen Trockengebiet auf, mit entsprechender Flora Kontinentaler Trockenrasen. Zu nennen wären da neben der Goldhaar-Aster die Gelbe Skabiose, der Ähren-Blauweiderich, das Weiße Fingerkraut und das Gemeine Sonnenröschen. Sie alle kommen zusammen mit einigen weiteren Besonderheiten an der Hirtenwiese bei Uthausen vor. Diese war einer Aufforstungsmaßnahme zum Opfer gefallen. Doch während alle Bäume verdorrten, kamen die Steppenpflanzen nach und nach wieder zum Vorschein. Die Dübener Heide ist in pflanzensoziologischer Hinsicht viergeteilt: der Westen kontinental mit den genannten Arten. Der Südosten subozeanisch mit Königsfarn und Glockenheide. Der Nordosten, das Zentrum und der Süden subkontinental mit Weißlicher Hainsimse, Drahtschmiele und Heidelbeere. Kleinflächig im Bereich kalter Hochtäler submontan mit Bergfarn und Alpen-Hexenkraut. Durch massive Einflussnahme der intensiven Forstwirtschaft sind die Grenzen und Charakteristika der Zonen verwischt und undeutlich, aber in Resten noch anzutreffen.Es wird sich zeigen, inwieweit die Trockenheit der Jahre 2018 bis 2020 mit massiven Ausfällen in den Forsten zu einem Umdenken führt. Denn während die Trockenschäden in den Forsten unübersehbar sind, hat sich in den wenigen Wald- und Forstbeständen mit standortgemäßen Arten nichts ereignet. Für die Natur waren die drei trockenen Jahre keine Katastrophe. Dort, wo heute die Goldhaar-Aster wächst, sollte nach dem Willen der Forstwirtschaft Kiefernforst sein. Die Natur hat gezeigt, wer stärker ist.
Der Haar-Ginster ist ein niedriger Zwergstrauch mit unterseits behaarten Blättchen, daher der Name. Muss er sich nach dem Licht strecken, bis 30cm hoch. An lichtoffenen Standorten wächst er dem Boden angeschmiegt und ist dann kaum 10cm hoch. Im Mai erfreut er das Auge mit seinem reichen Blütenschmuck. Als besonders attraktive Pflanze für Heidegärten wird der Haar-Ginster schon lange kultiviert. Im Unterschied zu einigen anderen Ginster-Arten ist er absolut winterhart. Die Pflanze ist im Norden und Westen Deutschlands verbreitet, im Süden und Südosten weitestgehend fehlend. Ausgesprochene Verbreitungsschwerpunkte sind die Lüneburger Heide sowie die Bundesländer Rheinland-Pfalz und Saarland.Der Landkreis Wittenberg tangiert das im Norden angrenzende geschlossene Verbreitungsgebiet und ist vergleichsweise gut besetzt. Einen besonders großen Bestand findet man am Rand der Kemberger Weinberge. Auch in der Oranienbaumer Heide hat er einige Standorte. Jeweils kleinere Vorkommen gibt es bei Möllensdorf, Nudersdorf, Seyda, Köplitz und Gräfenhainichen. Westlich von Oppin ist er durch den Bau einer Forststraße zerstört worden. Auch das Vorkommen von Gräfenhainichen ist durch forstlichen Straßenbau stark geschädigt worden, nur ganz geringe Reste haben überlebt. Er gilt landesweit als bestandsgefährdet. Durch die aktuellen Schäden an den Kiefernforsten entstehen Lücken, die den bis dahin durch ausufernde Forstwirtschaft selten gewordenen (Heide)pflanzen neue Wuchsorte eröffnen. Noch sind die Veränderungen zu frisch, um schon Auswirkungen zu zeigen. Aber in wenigen Jahren dann doch. Der Haar-Ginster ist eine Pflanze, die davon stark profitieren kann.
Haar-Ginster (Genista pilosa)
Heide-Günsel (Ajuga genevensis)
Im Mai ziehen in trockenen Rainen und an Waldrändern leuchtend blaue Blüten die Blicke auf sich. Es ist der Heide-Günsel, auch Genfer Günsel genannt. Er zählt zu den Arten, die durch Anpassungsfähigkeit und durch Bevorzugung gut nährstoffversorgter Böden noch relativ regelmäßig anzutreffen sind. Die bedeutendsten Vorkommen gibt es bei Uthausen, ferner gedeiht er in der Oranienbaumer Heide, am Rand der Purziener Heide und im Stadtwald Wittenberg. Seine Vorkommen sind relativ stabil, da er sich nicht nur durch Samen ausbreitet, sondern auch mittels unterirdischer Ausläufer. So bilden sich meist kleine Gruppen. Wie man in dem Bild deutlich sieht, kann er der Humus-Anreicherung und den dann vorrückenden Moosen widerstehen. Viele andere Trockenrasen-Pflanzen können das nicht. Erst wenn hohe Kräuter aufkommen oder gar Gehölze, zieht sich der Heide-Günsel zurück. Diese natürlichen Entwicklungen (Sukzession) laufen in Deutschland immer in Richtung Wald, Deutschland ist Wald-Land. Erst durch das Wirken des Menschen sind unbewaldete Standorte vorherrschend geworden. So vorrherschend dass Wälder, erst recht solche, die den Namen noch verdienen, gebietsweise selten geworden sind. So auch im Fläming. Offen-Standorte mit wertvollen Arten finden sich meist an Standorten, die wirtschaftlich nicht nutzbar sind oder bereits genutzt werden. So z.B. Wegränder und Leitungstrassen. Großen Artenreichtum findet man oft da, wo er zunächst gar nicht zu vermuten wäre. Nicht in abgelegenen Gegenden, sondern gewissermaßen "um die Ecke", wo vielleicht eine Schneise im Forst verläuft oder, wie schon erwähnt, oft an Wegrändern.
Hügel-Meier (Asperula cynanchica)
Der Hügel-Meier ist ein kleines Rötegewächs, eng verwandt also mit dem recht bekannten Waldmeister. Die Pflanze und die zarten Blüten sind jedoch viel kleiner, der Durchmesser der Blüten beträgt etwa 2-3mm. Sie sind weiß oder rötlich. Auffallend aber doch, da zu vielen beisammen stehend. Anzutreffen ist der Hügel-Meier in basenreichen Trockenrasen, Kalk-Trockenrasen und lichten Trockengebüschen. Er wächst meist einzeln oder in kleinen Gruppen, bestandsbildend nie. Der Landkreis Wittenberg tangiert das weiter südlich liegende, geschlossene Verbreitungsgebiet. Noch weiter nördlich gibt es nur sehr geringe Vorkommen, und hier sind auch die Bestandsverluste so groß, dass der Hügel-Meier gebietsweise überhaupt nicht mehr anzutreffen ist.In Sachsen-Anhalt ist er als bestandsgefährdet eingestuft. Seine Lebensräume werden immer weiter eingeengt, was vor allem eine Folge der Nährstoff-Überfrachtung der Landschaft ist. Im Landkreis Wittenberg gibt es ein einziges, geringes Vorkommen in der Elbaue bei Dabrun. Es ist eine Düne aus basenreichem Sand. Mit Kiefern aufgeforstet, sind die typischen Sand-Trockenrasen nur noch in winzigen Resten anzutreffen. Und auch um diese wäre es fast geschehen gewesen, als im Rahmen einer Renaturierungsmaßnahme genau jene letzten wertvollen Flächen mit Muttererde überschüttet wurden. Das Trockenrasen-Stück mit dem Hügel-Meier und einer Anzahl weiterer wertgebender Arten jedoch zufällig nicht. Ein Hoffnungsschimmer für die Trockenrasen ist das verbreitete Zusammenbrechen der Kiefernforsten durch Trockenheit. Wenn die Lücken nicht erneut aufgeforstet werden, was infolge Geldmangels oftmals der Fall ist, erhält die angestammte Vegetation wieder eine Chance. Als Zierpflanze wird der Hügel-Meier von ausgesuchten Raritäten-Gärtnereien angeboten. Weil er so außergewöhnlich klein ist, eine gute Wahl für Schalen bzw. Troggärten.
Kleine Wiesenraute (Thalictrum minus)
Die Kleine Wiesenraute ist eine in der Region seltene und von Botanikern stark beachtete Art. Es gibt vier Vorkommen, von denen nur eines altbekannt ist. Die anderen drei Vorkommen (eines bei Mauken, eines bei Pretzsch, eines in der Oranienbaumer Heide) sind Neufunde nach 2005. Das altbekannte Vorkommen auf dem Salbeihügel westlich Braunsdorf hatte nie über 12 Exemplare und war in den 1990er Jahren immer weiter zurückgegangen, so dass zur Jahrtausendwende der Verlust zu konstatieren war. 2019 hat es sich kraftvoll "zurückgemeldet" mit 39 Exemplaren. Und 2020 dann unglaubliche 76 Exemplare, davon 64 blühend! Die Art blüht zu recht unterschiedlichen Zeiten den ganzen Sommer über, aber immer nur wenige Tage. Für dieses Foto brauchte der Fotograf 5 Anläufe (!), bis dann am 11. Juli 2020 dieser perfekte Schuss gelang. Im Unterschied zu den anderen Arten der Gattung Thalictrum ist die Kleine Wiesenraute eine Steppenpflanze, wächst also nur an trockenen Standorten. Sie gilt in Sachsen-Anhalt als bestandsgefährdet. Eine Unterart, die Stein-Wiesenraute, gilt als ausgestorben. Es laufen derzeit Untersuchungen, ob die Stein-Wiesenraute wirklich ausgestorben ist. In gut sortierten Raritäten-Gärtnereien wird die Kleine Wiesenraute als Blattschmuck-Pflanze angeboten. Für trocken-sandige Stellen ist sie überaus geeignet, für normale Garten-Bedingungen hingegen nicht. Da kommt es zu Geilwuchs, und dann ist die Pflanze kein Schmuck.
Zierliches Brillenschötchen (Biscutella laevigata subsp. gracilis)
Das Zierliche Brillenschötchen ist eine weltweit nur in Sachsen-Anhalt vorkommende Unterart des Glatten Brillenschötchens. Das durchschnittlich 20-30cm hohe Kreuzblütengewächs mit den intensiv schwefelgelben Blüten besiedelt basenreiche Trockenrasen auf Porphyr-Gestein und basenreichem Dünensand. Die bestbesetzten aktuellen Vorkommen findet man auf dem Zornberg in der Gimritzer Schweiz, auf einem der Lunzberge, auf einem Hügel im Kühnauer Park und auf der Saalberge-Düne. Im Landkreis Wittenberg gab es die Art einst auch. Auf einer Düne nahe Kietz. Durch Unachtsamkeit sowohl des behördlichen als auch des ehrenamtlichen Naturschutzes im damaligen Landkreis Jessen ist die Art ausgestorben. Das ist ein erhebliches Versäumnis, da das Zierliche Brillenschötchen eine Verantwortungs-Art für Sachsen-Anhalt ist. Zum Glück funktioniert der Naturschutz in unseren Nachbarkreisen besser. Dort ist man sich der Verantwortung für den Erhalt der Pflanze bewusst und fördert mit gezielter Landschaftspflege die Vorkommen. Es hat sogar ein Forschungs-Projekt gegeben, um sich von der Bestands-Situation ein klares Bild zu machen. Die Situation, Unachtsamkeit im Naturschutz walten zu lassen, ist im Landkreis Wittenberg bis heute nicht bereinigt und könnte noch weitere Verluste mit sich bringen. Man vertraut zu sehr dem Glück, dass es schon gut gehen möge. Die Diskrepanz zwischen dem, was nötig wäre und dem, was ist, könnte größer kaum sein!
Zurück Zurück