1 Wasser- und Sumpfpflanzen
Moorpflanzen
Breitblättriger Merk (Sium latifolium)
Die Gemeine Moosbeere ist ein Zwergstrauch nährstoffarmer Moore und Moorwälder. Sie zählt zur Pflanzenwelt der Hochmoore. Wie ein Gespinst überziehen die kriechenden Stengel mit einer Konsistenz wie dünner Kupferdraht den Moorboden, üblicherweise Torfmoos-Polster. Daraus entspringen im Mai zahlreiche winzige Blüten, die mit bloßem Auge nicht annähernd so deutlich zu erkennen sind, wie sie die extrem vergrößernde Lupen-Fotografie zeigt. Bis zum Herbst entwickeln sich die herbsauren Moosbeeren, die so (relativ) groß sind, dass der fadendünne Stengel sie nicht zu tragen vermag. Sie liegen dem Boden auf. Hochmoore gibt es aufgrund der zu geringen Niederschläge in der Region keine. Aber im Kammbereich der Dübener Heide einige Moorwälder, die für Pflanzenarten der Hochmoore einen geeigneten Lebensraum darstellen. In einem Birken-Kiefern-Moorwald befindet sich das einzige Vorkommen der Moosbeere. Schon lange geschützt, haben die Schutz-Instrumentarien jedoch nie richtig gegriffen, war der Moorwald immer wieder der Austrocknung ausgesetzt. Mitte der 1990er Jahre war der Bestand der Moosbeere auf weniger als 3 Quadratmeter zusammengeschrumpft. Heute sind es über 400 Quadratmeter, weiter zunehmend. Was den Höhenflug der Moosbeere und auch der anderen Moorpflanzen bewirkt, ist nicht so recht zu verstehen.Denn die entwässernden Einflüsse wirken weiterhin. Der Standort steht unter Dauer-Beobachtung durch das Geobotanische Institut, seit 2014 ein NABU-Aktiver dort ein sensationell seltenes Torfmoos gefunden hat.
Gemeine Moosbeere (Vaccinium oxycoccos)
Kleines Helmkraut (Scutellaria minor)
Zu den größten Seltenheiten der Region zählt das Kleine Helmkraut. Der winzige Lippenblütler besiedelt offene und bewaldete Moor- und Bruchstandorte, mithin Biotope, die sehr selten geworden sind. In der Dübener Heide gibt es noch drei Vorkommen, die jährlich zusammen zwischen 2 und 5 blühende Pflanzen hervorbringen. Das sind zugleich die einzigen Vorkommen landesweit. Um die Pflanzen nicht der Gefährdung durch Pflanzensammler auszusetzen, erfolgt hier keine genaue Nennung der Örtlichkeiten: zwei Vorkommen liegen im Landkreis Wittenberg zwischen Söllichau und Bad Schmiedeberg. Der dritte Standort liegt im Landkreis Bitterfeld bei Schwemsal. Das Kleine Helmkraut ist so zart und winzig, dass selbst geübte Botaniker dreimal hinsehen müssen, um es einmal zu erblicken. Die stark vergrößernde Makro-Fotografie zeigt die Pflanze deutlicher, als man sie mit bloßem Auge erkennen kann. Die Blüten, 5-6mm lang, kann man noch erkennen; die rote Zeichnung der Lippe hingegen schon kaum noch. Von der Behaarung ganz zu schweigen. Die Schutz-Situation kann nicht befriedigen, so wie es bei derart minimalen Vorkommen oft der Fall ist. Unvorhersehbare zufällige Ereignisse können ausreichen, um die letzten Restbestände ganz auszulöschen.
Magellans Torfmoos (Sphagnum magellanicum)
Als vor 13000 Jahren die letzte Eiszeit zu Ende ging, war die Landschaft von einem grundhaft anderen Charakter, als heute. Das betraf auch die Moore, die ganz von Gräsern geprägt waren oder von der Blumenbinse, einem Froschlöffelgewächs. Die Torfmoose, die heute ganz markant die Moore prägen, erlangten erst in der zweiten Hälfte der Frühen Wärmezeit starke Verbreitung. Das war vor 8500 Jahren. Die Temperatur war damals 2°C wärmer als heute, und es war feucht. Die Torfmoose schaffen einen markant eigenen Lebensraum, das Hochmoor. Sie beherrschen Ionenaustausch mit der Luft, eine ganz erstaunliche und entscheidende Fähigkeit. Denn damit ist es ihnen möglich, Huminsäure zu produzieren. Diese hemmt die Entwicklung von Bakterien, und ohne Bakterien gibt es kaum Zersetzung der gebildeten Biomasse. Sie häuft sich an, von Huminsäure durchtränkt, der Torf entsteht. Torf in solchen Mengen, dass riesige Landstriche zu Moor werden. In Europa ist Magellans Torfmoos die prägende Art, der Haupt-Torfbildner. In Asien hingegen das Braune Torfmoos (Sphagnum fuscum). Da in Asien die meisten und größten Moore der Erde liegen, gebührt dem Braunen Torfmoos der erste Platz. Dem Magellans Torfmoos der zweite. Magellans Torfmoos ist an der roten Färbung und an der schieren Größe leicht zu erkennen. Die Färbung ist im Winter und Frühjahr schwach, nimmt im Sommer zu und erreicht im Herbst das Maximum.In Sachsen-Anhalt war Magellans Torfmoos nur aus dem Jävenitzer Moor und aus dem Mahlpfuhler Fenn bekannt. Daher ein Sensations-Fund, als 2014 die Art am Roten Mühlteich in der Dübener Heide gesehen wurde. Das Moor wurde daraufhin in die Liste der Moore unter Dauer- Beobachtung (Monitoringfläche) des Geobotanischen Instituts aufgenommen. In Sachsen-Anhalt gilt Magellans Torfmoos als bestandsgefährdet und steht unter Artenschutz. Verantwortlich für den Rückgang ist die Entwässerung der Moore, zumeist von der Forstwirtschaft vorangetrieben. Versuche des behördlichen Naturschutzes, das Moor in einen guten Zustand zu versetzen, wurden von der Landwirtschaft und Forstwirtschaft torpediert und verhindert. Möglicherweise könnte das von der EU angestrengte Moorschutz-Programm heute einen erneuten Versuch gelingen lassen.
Der Moorbärlapp ist ein Kleinod der Moorschlenken-Fluren, also eine Moorpflanze nass-torfiger Bereiche. Der Deutsche Name suggeriert, dass man es hier mit einer gewöhnlichen oder häufigen Art zu tun hat. Das Gegenteil ist der Fall, der Moor-bärlapp ist extrem selten. Wir haben im Landkreis Wittenberg, zwischen Möllensdorf und Nudersdorf, das mit Abstand bedeutendste Vorkommen landesweit. Etwa 2000 Pflanzen wachsen in einem Rhynchosporion-Lebensraumtyp, der seinerseits ebenfalls eine große Besonderheit darstellt. Biotop und Pflanzenbestand haben sich spontan in einem Bergbau-Gelände eingefunden, das durch besondere Bedingungen, sowohl den Boden als auch das Kleinklima betreffend, geeignete Lebensbedingungen geboten hat. Im Rahmen einer langjährigen Zusammenarbeit zwischen dem NABU-Kreisverband und dem Bergbau-Unternehmen Quarzsand GmbH Nudersdorf konnten die wertvollsten Flächen durch mehrmalige Biotoppflege-Maßnahmen aufgewertet werden, wodurch sich die Pflanzenbestände nochmals vergrößert haben. Weiterhin gibt es ein Biotop-Monitoring durch das Landesamt für Umweltschutz.Die Aufnahme, eine Makro-Fotografie, zeigt den Moorbärlapp in der farbenprächtigen Herbsttracht, mit goldgelben Sporenähren. Im weiteren Verlauf werden die Sporenähren bräunlich-beige und die Sporen fallen aus. Die Sporenähre stirbt ab, der grüne Kriechsproß überwintert und bildet im darauffolgenden Jahr wieder genau eine Sporenähre. Der Moorbärlapp ist in der Lage, bei gleichbleibend geeigneten Bedingungen, rasch große Bestände aufzubauen. Bedoht sind die Bestände durch Motocross, was in der Grube infernale Ausmaße angenommen hat. Es werden nicht nur Biotope und Pflanzen zerstört, sondern auch gefährliche Erdrutsch-Ereignisse heraufbeschworen. Der Landkreis hat eine Sonderkommission Motocross ins Leben gerufen, doch sieht man sich offenbar außerstande, der Problematik zu begegnen.
Gemeiner Moorbärlapp (Lycopodiella inundata)
Scheidiges Wollgras (Eriophorum vaginatum)
Das Scheidige Wollgras ist eine echte Hochmoor-Pflanze und als solche an die sehr speziellen Verhältnisse in solchen Mooren gebunden. Weit verbreitet ist es in den Regionen, in denen Hochmoore aufgrund günstiger Klimatischer Verhältnisse zur Landschaftskulisse gehören. Es sind dies der Nordwesten und Norden, die Mittelgebirge und die Alpen samt Vorland. Die berühmte atlantische Insel mit ihrer atlantischen Pflanzenwelt in der Niederlausitz tangiert die Annaburger Heide und die Dübener Heide. Sie ist der Grund dafür, dass es im Landkreis Wittenberg drei Vorkommen des Scheidigen Wollgrases gibt. Zwei Moorreste bzw. Kleinstmoore in der Annaburger Heide und ein Moorwald in der Dübener Heide. Landesweit gibt es das Scheidige Wollgras sonst nur minimalistisch in der Altmark und etwas häufiger im Oberharz. Die Pflanze gilt in Sachsen-Anhalt als stark bestandsgefährdet. Die Pflanzenwelt der Hochmoore hat überall massive bis katastrophale Bestands- Zusammenbrüche erlebt, weil Moore stets als Kulturhemmnis beseitigt oder allenfalls als Torf-Lieferant ausgebeutet wurden. Der Landkreis Wittenberg liegt im kontinentalen Klimabezirk und hat somit schon naturgegeben schlechte Grundlagen für die Bildung von Mooren. Doch selbst geringste Moorbildungen, mitunter kaum 1000m² klein und kaum 50cm mächtig, wurden ausgebeutet. Oder entwässert und aufgeforstet, wie in der Annaburger Heide. Die dort verbreitet anzutreffenden Rabattenkulturen sind zerstörtes Moorland. Die Erkenntnis, dass Moore ein wichtiges Glied im ökologischen Gefüge sind und es gute Gründe gibt, sie zu schützen, kommt zu spät. Was wir heute noch haben, sind durch Torfstecherei oder Entwässerung übel zugerichtete Moor-Ruinen, deren Renaturierung Jahrhunderte in Anspruch nimmt und stets höchst unvollkommen abläuft.
Schmalblättriges Wollgras (Eriophorum angustifolium)
Die Wollgräser sind Charakterpflanzen der Moore. Das Schmalblättrige Wollgras ist dabei relativ anpassungsfähig und kommt optimal in nassen Partien mit nicht zu geringem Nährstoffgehalt vor. Dieser Anpassungsfähigkeit verdankt die Pflanze ihre bis in unsere Zeit relative Verbreitung. Schwerpunkte sind der Nordwesten (Niedersachsen, Schleswig- Holstein) und sämtliche Gebirge. Im übrigen Flach- und Hügelland waren die Vorkommen schon ursprünglich seltener, und hier sind auch die meisten Verluste zu verzeichnen. So sind einige Verbreitungslücken entstanden, zu denen auch Mitteldeutschland zählt. In Sachsen-Anhalt gilt das Schmalblättrige Wollgras als bestandsgefährdet. Wenn man in alten Floren-Aufzeichnungen stöbert oder alte Fotografien ansieht, ist es immer wieder erschreckend, wie arm unsere Landschaft geworden ist. Das Wollgras wurde von Floristen der ersten Hälfte des vorigen Jahrhunderts kaum beachtet, da es sowiso auf sämtlichen Feucht- und Moorwiesen anzutreffen war. Heute gibt es noch Vorkommen im Fläming, in der Dübener Heide und im militärischen Sperrgebiet der Annaburger Heide. Starke Bestände sind zu Resten geschrumpft, nur ein Großvorkommen gibt es noch. Das Foto zeigt Pflanzen in einem kleinen Vorkommen am Bergwitzsee, also in einer Bergbau-Folgelandschaft. Es ist April und die Pflanzen blühen. Was im Volksmund als Wollgras-Blüte bezeichnet wird, ist in Wirklichkeit die Fruchtreife, und dann sind aus den vormals unauffälligen, wahren Blüten die auffälligen "Watteflocken" geworden. Es ist nun Mai. Die Notwendigkeit, Moore und Feuchtgebiete zu bewahren und wieder herzustellen, ist erkannt. Und wird in den meisten Bundesländern mit Energie vorangetrieben. In Sachsen-Anhalt gibt es bis auf eine vage Absichts-Erklärung noch keine nennenswerten Aktivitäten.
Zwerg-Igelkolben (Sparganium natans)
Der Zwerg-Igelkolben ist eine Pflanze der Moore, nährstoffarmer Sümpfe und seltener mooriger Ufer. Hier kann er auch Grundrasen bilden, sonst wächst er an der Oberfläche und bildet verwobene, mitunter mattenartige Geflechte. Typisch sind starke Bestands-Schwankungen, oft innerhalb kürzester Zeiträume. Anfang der 1990er Jahre war der Zwerg-Igelkolben für unsere Region noch fast unbekannt. Dann gab es eine geradezu explosionsartige Ausbreitung in den Bibersümpfen der Dübener Heide. Der Biber schleppt die in seinem Fell hängenden Samen überall hin, und so waren bald alle Bibersümpfe von der Art besiedelt, teils mit Massenbeständen. Die sind aber instabil und inzwischen wieder auf geringe Bestände zusammengeschrumpft oder ganz erloschen. Heute findet man die besten Bestände nicht in den Bibersümpfen, sondern in Sekundär-Gewässern, zu denen sie vermutlich mit Wasservögeln gelangt sind. So in der Oranienbaumer Heide und im Libellenweiher südlich vom Bergwitzsee. Ausgesprochene Massenbestände gibt es aktuell keine. Der Zwerg-Igelkolben ist ein schönes Beispiel für die Bewegung und Veränderung, in der sich unsere Natur ständig befindet. Nur findet sie bei den meisten Arten unmerklich langsam statt. Beim Igelkolben hingegen wie im Zeitraffer. Spezielle Schutz-Bemühungen sind nicht vonnöten. Die Bestands-Entwicklung ist nicht vorhersehbar, und man sollte sich hüten, Verluste zu beklagen. Zwei Sümpfe weiter ist vielleicht gerade die Neubesiedlung in vollem Gange, das geschieht bei dieser Art innerhalb von wenigen Monaten. Unmöglich, die Entwicklung im Blick zu behalten. Der Biber hat nahezu alle Bachtäler erobert und ist in der Region fest etabliert. Solange das so bleibt, wird auch der Zwerg-Igelkolben hier immer wieder neue Bestände aufbauen. Der Biber beschenkt uns mit einer Fülle schönster Feuchtgebiete, und die Pflanzenwelt profitiert davon. Ein echtes Gegengewicht zur Vernichtung von Feuchtgebieten durch Land- und Forstwirtschaft!
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